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Zahnmedizin im System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)

Das gesetzliche Krankenversicherungssystem ist eine in vielen Jahrzehnten herangewachsene solidarisch finanzierte Versicherung für den Krankheitsfall. Da die finanziellen Mittel zur Sicherung der Versorgung über die Arbeitsgehälter der berufstätigen Versicherten eingesammelt werden, ist die Geldmenge natürlich begrenzt. Folglich kann und will die GKV gar nicht alle heute möglichen medizinischen Leistungen bezahlen!

Während Politiker sich bisweilen dazu hinreißen lassen, populistisch zu behaupten "es wird alles bezahlt, was notwendig ist," besagt das Sozialgesetzbuch V, das die Gesetzliche Krankenversicherung regelt, ganz klar, wie der Leistungsumfang aussieht: ausreichend - zweckmäßig - wirtschaftlich.

Wir stellen hier auf www.zahnarztrechnung.info den reinen Leistungskatalog im Bereich BEMA dar, der für die Zahnmedizin in der GKV gilt und stellen die wichtigsten Richtlinien zur Verfügung. Außerdem kommentieren wir die Auswirkungen der Richtlinien auf den Leistungsanspruch der Versicherten und wir weisen deutlich auf Beschränkungen hin. Denn es gilt, folgende Missverständnisse zu beseitigen:

  • Missverständnis 1: alles medizinisch Mögliche ist durch die Krankenkasse bezahlbar.
    Das ist nicht so und das sagt auch keine Krankenkasse.
  • Missverständnis 2: die GKV und die Ärzte und deren Personal müssen alles für die Versicherten tun und die Versicherten tun selbst nichts.
    Das Sozialgesetzbuch V fordert ganz klar Eigenverantwortung und intensives Bemühen um eine gesunde Lebensführung von den Versicherten! Krankenkassen leisten eine gute Arbeit in der Verwaltung des Geldmangels. Menschen mit medizinischen Berufen riskieren ihre eigene Gesundheit und widmen ihr Leben der Gesundheit der Versicherten. Krankenkassen und Mediziner verdienen daher Respekt und Anerkennung!
  • Missverständnis 3: Privatpatienten kriegen alles bezahlt.
    Je nach Versicherungstarif werden Leistungen auch mal nicht erstattet oder ein Eigenanteil muss beigesteuert werden.
  • Missverständnis 4: Kassenpatienten bekommen nur Kassenmedizin.
    GKV-Versicherte können Privatbehandlungen bei jedem Arzt oder Zahnarzt erhalten, sie müssen sie aber selber bezahlen - wie Privatversicherte auch.
    GKV-Patienten können aber für Privatbehandlungen auch Erstattungen von der Krankenkasse erhalten, wenn sie das Verfahren der Kostenerstattung gewählt haben und dadurch zum "Privatpatient auf Zeit" geworden sind.

Kostenerstattung - Privatpatient mit Kassenbeteiligung

Die gesetzliche Krankenversicherung ist im Sozialgesetzbuch V geregelt. § 13 regelt dort, dass gesetzlich Versicherte für mindestens drei Monate (ein Vierteljahr = Quartal) zu Privatpatienten werden können und die gesetzliche Krankenkasse (GKV) beteiligt sich an den Kosten!

Was Privatmedizin mehr kann...

können Sie in unserer Gegenüberstellung BEMA : Privatmedizin nachlesen.

Beschränkungen durch Leistungskatalog und Richtlinien der GKV

Das Sozialgesetzbuch V legt fest: ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich soll die GKV-Behandlung sein. Folgende Leistungen finden sich daher schon mal nicht im Leistungskatalog der Krankenkassen:

  • Implantate
  • Knochenaufbau
  • regenerative Zahnfleischbehandlung
  • Lasermedizin jeglicher Art
  • Rezessions - Behandlung
  • u.v.m.

Durch die Richtlinien, die zusätzlich gelten, werden aber die Möglichkeiten noch weiter eingeschränkt. Folgendes wird zum Beispiel ausgeschlossen oder eingeschränkt:

  • adhäsive Füllungen im Seitenzahnbereich (Composite - Füllungen; s. Richtlinie Abschnitt III 5)
  • farblich geschichtete ästhetische Füllungen (s. Richtlinie Abschnitt III 5)
  • Seitenzahn-Wurzelbehandlung bei nicht geschlossener Zahnreihe (s. Richtlinie Abschnitt III 9)
  • Wurzelfüllungs-Revisionen (s. Richtlinie Abschnitt III 9.4)
  • Zahnerhalt bei "paro-endo-Defekt" (s. Richtlinie Abschnitt III 9.5)
  • u.v.m.
  • teilweise auch die Kombination mit Privatbehandlungen (außer im Verfahren der Kostenerstattung!)

Insbesondere die Unterscheidung wann eine Privatbehandlung mit einer Kassenbehandlung kombiniert werden darf, ist häufig schwierig für das Praxisteam, wenn auf Chipkarte behandelt wird. Die Regelungswerke sind umfangreich, krankenkassenabhängig, landesspezifisch und dauernden Änderungen unterworfen. Kaum eine Praxis kann den Überblick behalten, Regresse (Rück-/Zahlung der Behandlungskosten bei Regelverletzung) werden gefürchtet.

Daher gibt es in der Regel die pure Kassenvariante, eine kleine Zuzahlung hier oder da für ein kleines Extra, das war`s.

Wann wird privat, wann über Chipkarte abgerechnet?

  • In der Grundversorgung (Leistungskatalog der Krankenkassen) wird über die Chipkarte abgerechnet. Zuzahlungen sind im Einzellfall möglich.
  • Ist die Hauptleistung jedoch Privatleistung, so macht sie die Begleitleistung zur Privatleistung.
  • Wählt ein Patient das Kostenerstattungsverfahren, so wird zwischen Praxis und Patient nur privat abgerechnet. Die Krankenkasse erstattet jedoch die Kosten, die bei einer Kassenbehandlung angefallen wären abzüglich Verwaltungskosten.

Kostenerstattung nimmt den Medizinern die Fesseln ab

Im Kostenerstattungsverfahren können Zahnärzte ihre Patienten ohne fesselnde Vorschriften behandeln.

Natürlich bleiben Verbraucher weiterhin vor Wucher, Betrug und Falschbehandlung durch die entsprechende Gesetzgebung und das Kammer - Gutachterwesen geschützt. Es steht ihnen außerdem frei, sich eine weitere - kostenpflichtige - Meinung einzuholen.

Was ist Kostenerstattung und wie läuft das ab?

Kostenerstattung ist eine Abrechnungsvariante für gesetzlich Versicherte. Sie eröffnet ihm alle Privatleistungen.

Das Verfahren der Kostenerstattung ist im Sozialgesetzbuch V (dem Gesetzbuch über die gesetzliche Krankenversicherung) festgelegt. Den betreffenden Gesetzestext finden Sie hier.

Das Prinzip ist, dass sich der Patient (mindestens) für einen Behandlungsbereich*

  • ärztliche Versorgung + Psychotherapie
  • zahnärztliche, kieferorthopädische Versorgung
  • stationäre Versorgung
  • ärztlich/zahnärztlich veranlasste Heil- und Arzneimittel

 gegenüber

  • seinem Zahn-/Arzt und
  • seiner Krankenkasse

zum Privatpatienten erklärt.

Das Verfahren läuft so ab:

  1. In aller Regel reicht die Mitteilung, dass das Kostenerstattungsverfahren ab dem xx.xx.20xx gewählt wird. Sie ist gegenüber der Krankenkasse und dann auch den im laufenden und ggf. folgenden Quartal aufgesuchten betroffenen Behandlungseinrichtungen abzugeben. Die Krankenkasse wird evtl. eine Beratung anraten, vorgeschrieben oder verpflichtend ist die Beratung jedoch nicht.
  2. Der Versicherte erhält dann private Heil- und Kostenpläne, eine Privatbehandlung, eine Privatrechnung und eine Kostenerstattung von der Krankenkasse in Höhe der eigentlichen Kassenbehandlung (ggf. mit Abzügen).
  3. Zum Ablauf eines Quartals kann das Kostenerstattungsverfahren dann durch eine weitere Mitteilung wieder beendet werden.

Zahnarztpraxen können hier Patienten-Informations-Faltblätter zur Kostenerstattung bestellen!

* Die Behandlungsbereiche werden von den Krankenkassen unterschiedlich festgelegt.
Es kann im Einzelfall sinnvoll sein, die Kasse zu wechseln!

Was sind Vorteile der Kostenerstattung?

Eine Behandlung auf Kostenerstattung bedeutet daher

  • dass Behandlungseinschränkungen nicht gelten und
  • alle zahnmedizinischen Behandlungsverfahren eingesetzt werden können und
  • trotzdem die Kasse einen Anteil in Höhe des Sachleistungsanpsruchs zahlt und
  • dass einer Rückkehr zum Sachleistungsprinzip (Kassenbehandlung) nichts im Weg steht.

Nachteile der Kostenerstattung

Bei der Kostenerstattung

  • bindet sich der Versicherte für den betreffenden Bereich für mindestens ein Quartal (Vierteljahr) an das Verfahren,
  • behalten viele Krankenkassen einen Teilbetrag für den Verwaltungsaufwand ein,
  • muss Zahnersatz weiterhin zunächst bei der GKV beantragt werden, um den Festzuschuss zu ermitteln,
  • werden Arzneimittel nur teilweise erstattet.

Kostenerstattung und reine Privatpraxis (ohne "Kassenzulassung")

Wenn eine Praxis keine Verträge mit den gesetzlichen Krankenkassen abgeschlossen hat, dann KANN die GKV Erstattungen zahlen aber SIE MUSS NICHT.

Der § 13 des Sozialgesetzbuch SGB V unterscheidet Vertragspraxen, für die eine Verpflichtung der Krankenkasse besteht, von Nichtvertragspraxen. Im letzteren Falle ist es der Krankenkasse frei gestellt, Erstattungen zu zahlen oder dies nicht zu tun. Wenn Krankenkassen hier behaupten, dass sie bei reinen Privatpraxen nicht erstatten "können", so liegt das nicht am Gesetz sondern daran, dass die Kasse es nicht will.

Da das SGB V hier keine Begründungen, Einschränkungen oder sonstiges nennt und da es in Deutschland mehr als 60.000 Vertragszahnärzte gibt, bleibt dem Versicherten ggf. nur das Argument:

"Dann wechsele ich eben zu einer anderen Krankenkasse, die mir die Erstattung zahlt."

Auf dieses Argument reagieren Krankenkassen dann empfindlich, wenn der Versicherte hohe Beiträge zahlt, niedrige Risiken hat und wenige Personen über ihn versichert sind oder er gar allein versichert ist. Versicherte mit hohen Beiträgen und geringen Risiken zu verlieren, tut dem GKV-Unternehmen weh.

Rentner, Familienversicherte oder Versicherte mit chronischen Erkrankungen zu verlieren, macht das GKV-Unternehmen ggf. sogar froh. Es kann also auch sein, dass das Argument "dann gehe ich eben..." die Versicherung nicht erschreckt.

Letztendlich bleibt bisweilen tatsächlich nur der Kassenwechsel, vorher sollte man sich aber erkundigen, ob das Kostenerstattungsverfahren in der neuen Kasse auch für Privatpraxen ausgeführt wird. Am besten lässt man sich das schriftlich bestätigen.

Kostenerstattung bei Auslandsbehandlung

Lässt sich ein gesetzlich Versicherter im Ausland behandeln, so ist die GKV zur Kostenerstattung verpflichtet, obwohl auch der ausländische Zahnarzt keine Kassenzulassung besitzt.

Dies stellt eine Benachteiligung der reinen Privatpraxen in Deutschland dar, die jedoch nach dem Motto "Landesrecht gilt vor Europarecht" legal und von der deutschen Regierung beabsichtigt ist, damit sich nicht noch weitere Kassenpraxen aus dem System verabschieden.

Die Krankenkassen haben hierfür unterschiedliche Regeln, insbesondere sollte man beachten, dass Zahnersatz i.d.R. VOR der Behandlung im Ausland bei der Krankenkasse beantragt werden muss, sonst wird evtl. nichts erstattet!